17.01.2017
Mit dem zu erwartenden längerfristigen Lieferengpass von Piperacillin/Tazobactam infolge des Ausfalls der Zentralen Produktionsstätte für Piperacillin/Tazobactam fällt nicht nur eines der zentralen Breitspektrumantibiotika für die Therapie schwerer Infektionen bei Risikopatienten, insbesondere im Kontext nosokomial erworbener Infektionen, aus, sondern auch ein zentraler Pfeiler in der Penicillin-basierten Strategie zur Prävention von Multiresistenz.
Zusammen mit dem mehrmonatigen Ausfall der Aminopenicilline Ampicillin und Amoxicillin in 2015 zeigt der aktuelle Ausfall von Piperacillin/Tazobactam erneut die extreme Anfälligkeit eines durch einen weltweiten Preiswettbewerb im Bereich der Produktion von Generika beeinflussten Antibiotikamarktes.
Die DGKH sieht durch den Ausfall von Piperacillin/Tazobactam eine zentrale Strategie von Antibiotic Stewardship bedroht. Die sinnvolle Restriktion des Einsatzes der Resistenz- und C. difficile- selektierenden Antibiotikaklassen der Cephalosporine und Fluorchinolone ist in Frage gestellt, wenn die wichtigste Alternative, der Einsatz von Antibiotika aus der Klasse der Penicilline, fehlt oder geschwächt wird.
Insgesamt handelt es sich um ein schwerwiegendes Ereignis mit Konsequenzen für die öffentliche und globale Gesundheit, was konsequente medizinische, regulatorische und gesundheitspolitische Gegenmaßnahmen erfordert.
Die DGKH sieht es daher als wichtige unmittelbar notwendige Konsequenz an, daß mit der Benennung von Therapiealternativen zu Piperacillin/Tazobactam alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, eine Ausweitung des Einsatzes der kritischen Antibiotikaklassen Cephalosporine und Fluorchinolone zu verhindern bzw. möglichst gering zu halten und gleichzeitig eine Übertherapie durch vermehrten Einsatz der Carbapeneme zu vermeiden.
Die DGKH schlägt als Reaktion auf den Ausfall von Piperacillin/Tazobactam vor:
Die DGKH würde es begrüßen, wenn RKI und ART-Kommission kurzfristig die Expertenkommission der PEG auffordern würde, eine detaillierte Erweiterung der kurz vor der Veröffentlichung stehenden AWMF-S2k-Leitlinie „Empfehlungen zur kalkulierten parenteralen Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen – Update 2017“ zu formulieren, die den Ausfall von Piperacillin/Tazobactam, eines der wichtigsten Bausteine der initialen Antibiotikatherapie schwerer Infektionen, bewertet und in Form konkreter individualtherapeutischer Alternativempfehlungen zusammenfasst.
Hierbei ist der vorliegende Vorschlag der Vorsitzenden der ART-Kommission zusammen mit der DGI hilfreich, sollte aber um die Aspekte weiterer Alternativen ergänzt und in den Kontext der kritischen Auswirkungen auf zentrale ABS-Strategien gestellt werden.
Zusätzlich sollte seitens der Bundesregierung und der EU geprüft werden, wie die Abhängigkeit infolge des Ausfalls der zentralen Produktionsstätte für Basiswirkstoffe für die Antibiotikatherapie zukünftig z. B. durch Sicherung mehrerer Produktionsstätten vermieden werden kann.
Die DGKH sieht kurzfristig erheblichen Handlungsbedarf und unterstützt daher nachdrücklich die Initiative des RKI.
Prof. Dr. Martin Exner Dr. med. Peter Walger
Vorstand der DGKH