01.03.2011
Die Antwort lässt sich formal und inhaltlich geben:
Gemäß der Monographie „Spüllösungen“ des Europäischen Arzneibuchs müssen Wundspüllösungen steril und pyrogenfrei sein.
Nach der RKI-Empfehlung „Prävention postoperativer Infektionen im Operationsgebiet“ (2007) sind bei allen Eingriffen und Operationen aseptische Arbeitsmethoden und –techniken einzuhalten, gleiches gilt für die Zubereitung und Verabreichung von Parenteralia und beim Umgang mit sterilen Medizinprodukten. Die RKI-Empfehlung „Infektionsprävention in Heimen“ (2005) verlangt sterile Wundspüllösungen – deshalb sind z.B. Sterilfilter an Trinkwasserleitungen notwendig, wenn damit Wunden gespült werden.
Das Arzneimittelgesetz (AMG) befasst sich naturgemäß mit Arzneimitteln. Zitronensaft ist nur ein Lebensmittel, entbehrt somit jeglicher Zulassung zur Anwendung als Arzneimittel oder Medizinprodukt (Wundspüllösungen können auch als Medizinprodukt in Verkehr gebracht werden). Es gibt auch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse zur sinnhaften Anwendung in dieser Indikation (anders als für steriles Leitungswasser).
Gemäß § 5 AMG Verbot bedenklicher Arzneimittel darf selbst ein Arzneimittel nicht angewendet werden, wenn es bedenklich eingestuft ist (Satz 1) bzw. nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft der begründete Verdacht besteht, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (Satz 2)
Zum inhaltlichen Teil der Antwort:
Frisch gepresster Zitronensaft hat auf Grund des sauren pHs eine gewisse Keim-abtötende Wirkung. Er ist gleichwohl nicht steril. Beim Einsatz von frisch gepresstem Zitronensaft kann somit nicht von einer aseptischen Technik gesprochen werden.
Darüber hinaus handelt es sich bei Zitronensaft um eine klassische Säure mit einem sehr niedrigen pH:
Bei Einsatz von Zitronensaft in Wunden ist somit von Gewebeschäden im Sinne von Verätzungen auszugehen.
Darüber hinaus ist bei Einsatz von gepresstem Zitronensaft von Fremdanteilen der Zitronen auszugehen, die die Forderung nach Pyrogenfreiheit oder fehlender toxische Wirkung nicht erfüllen.
Im Falle der Abklärung eines potentiellen Effektes auf der Suche nach einem neuen Wirkstoff wäre die Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission einzuholen und vorab die Aufklärung des Patienten erforderlich mit dokumentierter Zustimmung.
Zusammenfassend ist somit zu folgern, dass Zitronensaft nicht in sterile Körperhöhlen oder Wunden gegeben werden darf.
W. Popp, M. Geisheimer, K.-D. Zastrow